Der Wandel des Geektums
24.02.2008 – 01:13Es ist ja interessant, zu beobachten, wie man sich weiterentwickelt. Vor 10 Jahren habe ich Grafikkarten-, Motherboard- und Netzteiltests in der c’t noch verschlungen. Es gab sogar die wirklich interessante Situation, dass ich einem Freund in der S-Bahn gerade erklärt habe, warum wir ihm fĂźr seinen neuen Rechner unbedingt nicht das Asus-, sondern das Chaintech-Board besorgen mĂźssen - in dem Augenblick spricht mich eine Frau an: Sie hätte den Eindruck, ich kenne mich damit aus, ob ich ihr nicht einen PC zusammenstellen und verkaufen kĂśnne.
Als frischer Gewerbebesitzer, der eigentlich nur an die billigen HEK-Preise kommen will, habe ich mir das natĂźrlich nicht zweimal sagen lassen und sie auch prompt und - zumindest denke ich das - zufriedenstellend beliefert.
Dies hätte der Beginn einer aufstrebenden Karriere im PC-Einzelhandel sein kÜnnen, aber irgendwie hat mir wohl der Biss gefehlt - ich glaube, sie war und ist der einzige Kunde, den ich nicht bereits vorher ßber hÜchstens eine Ecke kannte.
Irgendwann war dann tatsächlich Geld fßr ein Notebook da, und plÜtzlich waren die Komponenten nicht mehr so wichtig. Sicher, noch ungefähr ein Jahr lang habe ich mit dem Gedanken gespielt, mir selber ein Notebook zusammenzustellen (es gab da mal eine kurze Phase der Barebone-Notebook-Komponenten), aber mein winziges Sony PCG-505N Subnotebook war einfach so verdammt zuverlässig, durchdacht und klein, es hätte einfach keinen Sinn gemacht. Und dann kam Apple.
Nun, eigentlich kam das Aquarium - das Computerlabor einer TU-Fakultät, komplett mit dem damaligen “Supercomputer” G4 ausgestattet. Blau und weiĂ, nicht nur die Computer, auch der Rest. In den ersten Momenten haben wir uns noch nicht so gut verstanden, OS X (rein zeitlich mĂźsste es wohl Puma gewesen sein) und ich, zu groĂ waren die unterschiedlichen Ansichten. Eine Maustaste, viel zu verspielte Oberfläche, zu wenig MĂśglichkeiten - ich kehrte ihm schnell den RĂźcken und ging zurĂźck zu meinem Debian samt ratpoison.
Aber irgendwie war das Interesse geweckt, und als dann ein guter Freund, HiWi-Kollege und Geek-Vorbild (er wurde schonmal in einem c’t-Artikel erwähnt) plĂśtzlich mit einem iBook G4 rumlief, war es geschehen. Ich schritt hinĂźber und blickte nicht mehr zurĂźck.
Interessanterweise ist seitdem alles anders. Megahertz, Grafikkarten-Chips, North- und Southbridges - all das spielt keine Rolle mehr. Ein Apple ist ein Apple, und wenn genug Generationen zwischen meinem und dem im Laden liegen, wird er ausgetauscht. Oder ein Zweit-, Dritt-, Viertapple kommt ins Haus.
Und so ist auch der Bedarf an IT-Neuigkeiten ein anderer - politischer, sozialer. Technik? Nee, lass mal.
GefĂźhlsmässig hat sich die c’t in diesen Jahren spĂźrbar in die Gegenrichtung bewegt. Immer mehr Artikel Ăźber die “100 besten Windows-Tips”, die tollsten Grafikkarten, 1.000 Watt Netzteile (wie konnte es eigentlich dazu kommen?).
Was jog schreibt, fĂźhlt sich richtig an:
“Letztendlich bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich die CT wohl kĂźndigen werde. Es liegt mir fern jetzt Ăźber die CT, die mich so viele Jahre meines Geek-Lebens begleitet hat, herzuziehen. Aber ich merke halt immer mehr, dass mich der Inhalt immer weniger interessiert.
Das wiederum liegt daran, dass ich jetzt zu Hause nur noch Apple Hardware nutze und dies in Zukunft auch nicht ändern mĂśchte. Die CT schreibt durchaus ja hin und wieder auch mal Ăźber Mac-Geschichten. Und diese sind dann auch durchaus interessant, aber in der Masse der Artikel geht das zumeist unter.”
Ich bin den Schritt gegangen - vor fast einem Jahr. Und pĂźnktlich zum Erscheinungsdatum der ersten nicht mehr abonnierten c’t sagt die Frau an meiner Seite, von mir Ăźber lange Jahre zum Geek erzogen:
“In der c’t muss gerade ein toller Artikel Ăźber [irgendwas politisch/gesellschaftliches] sein, wo hast Du die Neue denn hingelegt?”
Der anschlieĂende Streit war nicht schĂśn, aber es wurde festgehalten, dass ich fĂźr die technische Neuigkeitenbeschaffung zuständig bin, sie fĂźr die politische. Was aber noch lange nicht heiĂt, dass eine Person eigenständig Ănderungen an seinem Zuständigkeitsbereich durchfĂźhren darf.
Was ich mit diesem langen Text also sagen will: jog, viel GlĂźck - vielleicht geht es Dir ja anders als mir, aber irgendetwas hat die c’t. Willst Du sie loswerden, kommt plĂśtzlich aus den unmĂśglichsten Ecken Widerstand.
Ich habe sie wieder im Abo, und ich weiĂ, ich behalte sie auch. Den Streit ist sie einfach nicht wert.
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